Auf Spurensuche
Wer sich auf die Suche nach den historischen Spuren niedersächsischer Firmen begibt, stößt mitunter schnell an Grenzen. Nur wenige Unternehmen leisten sich ein eigenes Archiv, wie der Volkswagen-Konzern, wo jährlich Anfragen im fünfstelligen Bereich eingehen. In den meisten Fällen fristen die historischen Unterlagen ein trauriges Dasein in feuchten Kellern, geraten in Vergessenheit oder werden entsorgt. Welche Folgen es hat, wenn historische Dokumente vernichtet werden, anstatt sie an kommunale Archive und somit in Expertenhand zu übergeben, verdeutlichen die Lücken in der niedersächsischen Wirtschaftsgeschichte.
Die eigene Geschichte als Alleinstellungsmerkmal
Die Frage, warum es sich für Unternehmen lohnt, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, beantworten Historiker jedoch längst nicht nur mit wissenschaftlicher Bedeutsamkeit. Seit den 2000er Jahren wird immer wieder auf den Nutzen der Geschichte für die Image- und Öffentlichkeitsarbeit, das sogenannte „History Marketing“, verwiesen. Historische Stoffe haben seit Jahren Hochkonjunktur, wie ein Blick in die Bücherregale, Kinosäle und Streaming-Angebote beweist. Die Vermarktung der eigenen Unternehmensgeschichte bedient allerdings nicht nur den Nostalgie-Effekt, sondern kann auch dazu dienen, Vertrauen, Glaubwürdigkeit, ein hohes Maß an Qualitätsbewusstsein und Alleinstellungsmerkmale zu vermitteln. Wer etliche Jahrzehnte, womöglich gar Jahrhunderte, und zahlreiche Herausforderungen überstanden hat, hebt sich zwangsläufig von der Masse ab.
Für den Leiter des Niedersächsischen Wirtschaftsarchivs, Dr. Brage Bei der Wieden, geht es darum, die Bedeutung der Wirtschaft für unsere Gesellschaft zu dokumentieren: „Wir wollen Erinnerung an unternehmerische Leistungen bewahren und Material für die historische Forschung bereitstellen.“
Auszug aus dem Artikel „Das Gedächtnis der Wirtschaft“ aus dem Magazin NOBILIS von Mai 2024, Text: Dr. Vanessa Erstmann